Neulich hat meine Mutter mir eine WhatsApp einer Bekannten vorgelesen. Ich hörte ihr aufmerksam zu und als sie die Nachricht zu Ende gelesen hat, schaute ich sie verwundert an. Meine Mutter hatte die Nachricht gelesen und die Wörter so betont, wie sie meinte diese lesen zu müssen. Das Wort „Hallo“ kann ich liebevoll, aber auch vorwurfsvoll betonen.
„Mama“, fragte ich, „woher weißt du, wie du das Wort oder den Satz betonen musst?“ „Woher weißt du, ob deine Bekannte den Satz so oder nicht anders betonen wollte?“
Schweigen … Fragezeichen … Nachdenkliche Blicke …
Meine Mutter und ich diskutierten eine Zeit über dieses Thema und mussten dann beide lächeln und sie stimmte mir zu.
„Klar Mama“, musste ich darauf ergänzen, „wenn ich dir schreibe, dann kannst du selbstverständlich immer jedes Wort liebevoll betonen, ich bin ja dein Sohn und ich liebe dich!“
Wir lachten herzlich und hatten gemeinsam viel Spaß.
Aber was möchte ich mit diesem Beispiel zum Ausdruck bringen?
Wir alle bekommen unzählige E-Mails und Kurznachrichten und oft entscheidet unsere aktuelle persönliche Stimmung, wie wir die Nachricht empfangen ohne wirklich zu wissen, wie es der Sender meinte.
Sind wir vielleicht genervt oder gestresst, dann reicht es schon, wenn wir eine E-Mail ohne Anrede empfangen. Dabei hat der Absender uns vielleicht zuvor einige andere Nachrichten gesendet und diese fingen immer einem freundlichen „Hallo, Moin, Hi oder Servus“ an.
Aber genau diese eine E-Mail „ohne Anrede“ picken wir uns raus, lassen zu das wir genervt sind und bringt ein Fass zum überlaufen. Schade um die Zeit, die wir mit dieser unnötigen und negativen Energie verschenken.
In meinem aktuellen Vortrag Chancenglück spreche ich darüber, dass die Pandemie auch den Vertrieb massiv verändert hat. Wenn man keine Menschen mag, dann ist es schwierig langfristig erfolgreich im Vertrieb zu sein. Wenn man kein Blut sehen kann, dann wird es als Arzt / Ärztin oder als Krankenschwester / Krankenpfleger auf Dauer sehr anstrengend.
Wir sind gezwungen uns auf die Veränderungen einzustellen. Denn wenn Corona schon so viele Termine vor Ort bei unserem Kunden außer Kraft setzt, dann sollten wir nicht den Fehler machen und unsere Verkaufsgespräche in einer XXL-Mail zu verfassen. Das wird nichts!
Klar können wir zu Online-Meetings einladen, aber auch hier sollten wir die Umstände des Kunden berücksichtigen. Da sind wir wieder bei Sender und Empfänger! Wir sollten unbedingt mehr Verständnis für unser Gegenüber aufbringen, denn nicht jeder hat die superschnelle Internetleitung oder das perfekte Home-Office.
Auch ich musste mich mit der Situation ab- und vor allem zurechtfinden. Viel zu oft habe ich meine Ideen, Angebote oder Wünsche in viel zu lange E-Mails verpackt. Keine Antwort setzte ich automatisch mit fehlender Wertschätzung gleich. Heute weiß ich, dass ich absolut falsch gedacht habe. Denn in den letzten 10 Monaten habe ich mein Festnetztelefon wiederentdeckt. Ich greife seitdem viel mehr zum Hörer, kann meine Sätze so betonen wie ich es für richtig halte, ohne das der Empfänger es falsch intepretieren kann. Im Telefonat kommen dann auch meine Emotionen rüber, es wird gelacht und auch private Dinge ausgetauscht. Herrliche Momente, die ich so niemals in einer E-Mail gelesen hätte. (außer meine Mutter natürlich ;-))
Wir sind alle Menschen mit Herz und Seele. Lasst uns mehr reden und nicht immer alles in E-Mails verfassen. Lasst uns gemeinsam lachen und schnelle unkomplizierte Lösungen finden.