Alles toll. Ein persönlicher USP, aber auch wohltuend?
Heute gehe ich einen Schritt zurück und stelle mir folge Frage:
Muss ich wirklich immer, überall und für jeden erreichbar sein?
NEIN!
Ich habe gelernt, dass mit einer perfekten Organisation und einem tollen Team diese Erreichbarkeit absolut nicht gewährleistet sein muss.
Warum schreibe ich das und welche Erkenntnis hat mich dazu bewogen?
Corona hat uns, hat mich und unsere ganze Welt verändert.
Sorge um die eigene, sowie die Gesundheit der Familie, Freunde, Kollegen und Mitarbeiter ist präsenter denn je.
Die gigantische Informationsflut, über zahlreichen Kanäle, lässt kaum eine Pausen für unseren Kopf zu. Das bekannte Hamsterrad ist schneller denn je und gefühlt hat es jetzt richtig Fahrt aufgenommen.
Die Energie die ich in den letzten 2½ Jahren aufbringen musste, war gefühlt so hoch wie noch nie und deshalb habe ich für mich beschlossen, ich brauche eine Auszeit und zwar eine ohne jegliche Störfaktoren und komplett offline!
Aber wie sollte meine Auszeit aussehen?
Sonne, Sand und Meer war nicht mein Ding, dafür war mir die Situation zu wichtig! Ich wollte alleine für mich sein, keinen Luxus erleben, meinen Körper beanspruchen und meine Seele dabei baumeln lassen.
Den perfekten Impuls bekam ich aus meinem Freundeskreis. Ohne diesen, wäre ich nicht auf das Abenteuer „Jakobsweg“ gekommen.
Heute weiß ich, dass der Camino die ideale Auszeit für mich war.
Eine Lebenserfahrung, die ich so in dieser Form niemals erwartet hätte. Die Zeit in der Natur, bei Wind und Wetter, ohne Empfang und auch das einkehren in Herbergen ohne fragen nach dem WLAN-Passwort fühlte sich fantastisch an.
Wenn man dann „unter sich ist“, gemeinsam die Wanderschuhe in das Regal der Herberge stellt und völlig kaputt von den vielen Kilometern an der langen Tafel sein Abendessen genießen darf, dann merkt man, wie wenig man benötigt um echt glücklich zu sein.
Wenn ich früher meinen Koffer für eine Reise gepackt habe, dann war dieser meist prall gefüllt und für jeden Anlass musste das passende Kleidungsstück vorhanden sein, auch von diesem Gedanken verabschiedet man sich sehr schnell. Mein Rucksack hatte 9,4 Kilogramm und am Ende der Reise hatte ich nicht das Gefühl, das ich etwas vermisst hätte. Auch diese Einfachheit habe ich genossen, denn die viel zu oft quälende Frage „was ziehe ich an?“ gab es nicht.
Menschen aus Korea, USA, Kanada, Italien, Lettland, Australien und Dänemark pilgerten mit mir von Etappe zu Etappe, zwangsläufig kehrten wir dann gemeinsam in den Herbergen ein und viele von denen fühlten so wie ich.
Im Vorfeld hörte ich immer wieder den Satz:
Der Jakobsweg wird etwas mit dir machen!
Aber was sollte denn der Camino mit mir machen?
Auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, was dort mit mir passiert, war ich natürlich sehr darauf gespannt.
Jetzt weiß ich was dieser Satz bedeutet!
Oh ja, der Weg hat mich sehr verändert! Das tägliche laufen, die körperliche Anstrengung und die wenigen neuen Informationen mit denen ich mich auseinander setzen musste hatten den ganz wichtigen Vorteil, dass ich mich auf meine Vergangenheit konzentrieren und meine völlig überlastete Festplatte auswerten, bearbeiten und vor allem vieles neu sortieren und auch löschen konnte.
Was für eine wertvolle Zeit. Es ist wie aufräumen und ausmisten oder anders gesagt: Den Sperrmüll aus den Kopf entsorgen, Energievampire erkennen und für die Zukunft auf Abstand halten.
In dieser Zeit setzte ich mich mit Themen auseinander die entweder vor Jahrzehnte passierten oder sah genau diese Energievampire, die ich im Vorfeld gar nicht für so extrem empfunden habe. Jetzt aber merkte ich, welche Menschen mir wertvolle Zeit rauben und mich permanent zumüllen.
Diese innerliche Ruhe und Gelassenheit kannte ich so nicht. Wie denn auch? Wenn man gefühlt immer und für jeden erreichbar ist … Entschuldigung … ab jetzt erreichbar war! Denn das ist meine Hausaufgabe, die ich mit vom Camino nehme.
Mehr ICH weniger ANDERE und vor allem werde ich mir in meinem Kalender die ein oder andere Oase der Ruhe einplanen und meinen Tagesablauf neu organisieren.
Mein Fazit dafür fällt übersichtlich aus:
Eine unbeschreibliche Lebenserfahrung.
Diese unendlichen Gänsehaut-Momente, welche ich auf meinem „Camino“ erleben durfte, werde ich mit meiner Familie, Freunden, Kollegen und Kunden teilen. Denn hätte ich früher gewusst was der Weg mit mir macht, hätte ich mich ganz bestimmt schon viel viel früher auf die Reise begeben.
Ihnen allen wünsche ich „Buen Camino“ 🦪
Fragen? Dann schreiben Sie mir gerne unter torsten.Wehnert@nozar.de
Vielleicht habe ich die richtige Antwort für Sie oder kann meine Erfahrung und Motivation mit Ihnen teilen.
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